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Ich kenne ihre Namen!

Drei Gäste aus einem osteuropäischen Land hatte ich zu Gast. Ich holte sie am Flughafen ab. Schon nach wenigen Minuten waren wir beim Thema “Flüchtlinge”. Meine drei Gesprächspartner hatten sich in meinem Wagen in eine Reihe gesetzt. Sofort begannen sie - hinter mir sitzend - zu begründen, warum ihr Land keine Flüchtlinge aufnehmen könne und dass ja auch niemand in ihr Land wolle, da sie ja doch alle nach Deutschland wollten. In mir kochte es. Die Mottos der vergangenen Monate kamen mir in den Sinn: “Sei aufmerksam für den Frieden!” und: “Sei fair!” Ich hörte den Dreien aufmerksam zu und versuchte mit viel Verständnis für ihre Situation zu reagieren.
Nachmittags ergab sich ein freies Zeitfenster. Ich fragte die drei Jugendlichen, ob sie mit mir einige Flüchtlinge besuchen wollten. Sie willigten ein. Wir kamen in eine Flüchtlingsunterkunft und besuchten einen jungen Mann aus Ghana und einen Familienvater aus Palästina, der lange Zeit in einem Camp in Damaskus gewesen war. Die beiden empfingen uns mit einer außergewöhnlichen Herzlichkeit. Dennoch waren die drei Osteuropäer sehr, sehr scheu und reagierten fast verängstigt. Leckeres Essen wurde aufgetischt. Ich begann zu scherzen. Wir aßen  gemeinsam. Mehr und mehr wuchs Vertrauen. Dann lud ich den Afrikaner ein, von seiner Geschichte zu erzählen. Seine Mutter war gestorben, als er 4 Jahre alt war, sein Vater war vor kurzer Zeit von einem anderen Stamm getötet worden. So mußte er fliehen, zunächst an die Elfenbeinküste, dann nach Lybien. Auch dort konnte er nicht bleiben, jetzt war er über das Mittelmeer nach Europa gekommen. Er erzählte, wie sehr er diesen Weg mit Jesus gemacht und sich von ihm getragen gefühlt hatte. Dann begann Yunis, der Palästinenser. Er hatte seine Frau und seine drei Kinder zurück gelassen und litt unsäglich darunter. Mit Tränen in den Augen erzählte er. In all diesem Leid war unter den beiden Flüchtlingen über alle Grenzen hinweg eine tiefe Freundschaft gewachsen. Daran ließen sie uns teilhaben.
Abends fragte ich die drei jungen Leute, wie der Tag für sie gewesen sei. Einer antwortete: “Es war die stärkste Katechese meines Lebens! In meinem Land werden durch die Medien nur schlimme Dinge über die Flüchtlinge verbreitet. Heute habe ich zwei Menschen erlebt, mit ihrer Geschichte. Ich kenne ihre Namen. Ich werde von jetzt an anders über die Flüchtlinge denken und von ihnen erzählen.”