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Mit Dir durchs Leben

Wir waren für eine Studienarbeit zusammen gewürfelt worden, meine Kollegin mit serbischen Wurzeln und ich aus Albanien. Der zu bearbeitende Text war in englischer Sprache, unsere Power-Point-Präsentation hingegen sollte in deutscher Sprache sein. Meine Mitstudentin sprach nur gebrochen Englisch. So blieb der Hauptanteil der Arbeit an mir hängen. Ich gab alles, was ich konnte. Meine Mitstudentin sollte meine ganze Liebe spüren. Der Tag unserer Präsentation kam. Gemeinsam stellten wir unser Ergebnis vor. Wir bekamen eine sehr gute Note. Das Glück, das ich in den Augen meiner Mitstreiterin sah, berührte mein Herz zutiefst. Meine Liebe hatte sie getroffen und irgendwie auch verwandelt.

Wenige Tage danach ergab sich ein tiefes Gespräch mit ihr. Sie begann zu erzählen. Sie kam aus dem serbischen Teil Bosniens. Sie erzählte von ihren Eltern, die sie – trotz der ethnischen Zerwürfnisse in Bosnien-Herzegowina – in einer großen Liebe und Wertschätzung gegenüber jedem Menschen, egal welcher Herkunft, erzogen hatten. Ihre Mutter war vor einigen Monaten relativ plötzlich gestorben. Wäre sie in einem westeuropäischen Land gewesen, hätte ihr medizinisch geholfen werden können. Ich spürte eine tiefe Not in der Seele meiner Freundin und hörte ihr aufmerksam zu.

Plötzlich fragte sie mich völlig unvermittelt: „Glaubst Du, dass meine Mutter jetzt auf mich schaut?“ Wir hatten nie vorher darüber gesprochen, ob wir gläubig sind oder nicht. Ich sagte ihr. „Weißt Du, ich glaube, dass unser Weg hier auf der Erde, ein Pilgerweg ist und dass wir letztlich für die Ewigkeit gemacht sind. Unsere Seele kann ja hier auf der Erde nie ganz zufrieden sein. Irgendwie ist die Welt zu klein geraten für unsere Seele. Aber die Ewigkeit fängt nicht erst nach unserem Tod an, sondern wenn wir echt lieben, wie das Deine Mutter auch getan hat, dann beginnt die Ewigkeit schon jetzt. Und ich glaube, dass Deine Mutter jetzt für immer in dieser Ewigkeit beheimatet ist!“ Strahlend schaute mich die junge Bosnierin an. „Oh, wie schön, dass ich Dich das gefragt habe. Ich spüre, dass meine Mutter jetzt an einem guten Ort ist und dass sie auf mich schaut!“