Skip to main content
Monatsimpuls - 04/2016

Sei Bruder! – Sei Schwester!

Liebe Freunde des Wortes,

es waren klare und eindeutige Worte, die Papst Franziskus im vergangenen Jahr in Sarajevo an die Welt gerichtet hat: „Selig, die Frieden stiften.“ - „Das ist ein immer aktueller Aufruf, der für jede Generation gültig bleibt. Jesus sagt nicht: „Selig, die Frieden predigen“; denn alle sind fähig, ihn zu verkünden, auch in scheinheiliger oder sogar lügnerischer Weise. Nein. Er sagt: „Selig, die Frieden stiften“; das heißt, die ihn herstellen. Frieden herzustellen ist eine „handwerkliche“ Tätigkeit, die Leidenschaft, Geduld, Erfahrung und Ausdauer erfordert. Selig sind die, die Frieden säen mit ihren alltäglichen Taten, mit dienstbereitem Auftreten und Handeln und mit Gesten der Brüderlichkeit, des Dialogs und der Barmherzigkeit … Ja, diese werden Söhne Gottes genannt werden. Denn Gott sät Frieden, immer und überall.

Wir hören diese Worte in einer Zeit, in der die Menschheit an vielen Orten der Welt durch friedloses Tun zerrissen wird. Sie leidet und blutet. Und das, was wir an Zerstörerischem in der Weite der Welt wahrnehmen, gilt oft auch für unseren Nahbereich, sogar für unser eigenes Herz. Und wie reagieren wir, wenn wir Unfrieden spüren? – Oft urteilen wir über andere, werden aggressiv und ziehen uns zurück in unser eigenes Schneckenhaus. „Soll der Andere doch den ersten Schritt machen! Er soll sich entschuldigen! Ich bin doch im Recht!“ Solche und ähnliche Gedanken zerfurchen unser Herz und lassen den Abgrund zwischen uns immer tiefer werden.

Liebe Freunde des Wortes, wie können wir dann Frieden stiften? Vier handwerkliche Schritte können uns helfen. Mach Dir als erstes klar: Egal was mein Gegenüber falsch gemacht hat, auch ich bin ein Sünder. Ich bin Teil des Konfliktes! (1) Versuch als zweites, im Anderen mit Entschiedenheit die Schwester / den Bruder zu sehen. Du hast sie dir nicht ausgesucht, wie man sich auch die eigenen Geschwister in der Familie nicht aussucht. Aber sie sind deine Nächsten, die es zu lieben gilt! (2) Versuch dich ganz in die Lage des Anderen zu versetzen. Versuch zu verstehen, warum er so gehandelt hat. (3) Hab als vierten Schritt den Mut, in aller Behutsamkeit auch Dein Herz zu öffnen und von Deinen Gefühlen zu erzählen.(4) So wird ein Klima entstehen, in dem Friede möglich wird. Seien wir uns gewiss: Wenn wir mit Leidenschaft und Geduld so zu leben versuchen, wird Jesus uns stark machen. Er wird uns den Mut zu solchen Schritten des Friedens geben. Wir halten damit den  „key4perace“ in unserer Hand! Egal was war, schau nach vorn und: Sei Bruder! – Sei Schwester! - Be brother! – Be sister!

Für das OnWordTeam
Meinolf Wacker

Erfahrungen des Monats

Die Karawane zieht weiter

Mit einigen Engagierten in der Flüchtlingsarbeit kam ich Sonntagvormittags zu einer großen Flüchtlings-Unterkunft in unserer Stadt. Ein Jugendlicher namens Muhamad wartete schon auf uns und wollte uns beim Besuch eines Sonntags-Cafés - für Flüchtlinge organisiert - begleiten. Wir waren jedoch mit weitaus mehr Flüchtlingen verabredet. So lief der Junge, der ein wenig Englisch sprach, nochmals in die Privaträume, um die anderen zu holen. Eine kleine Karawane von ca. 30 Kindern, Frauen und Männern fand sich zusammen und zog gemeinsam zum Café.
Dort ergab sich ein Termin für einen hilfsbedürftigen tauben Jungen aus Syrien und ein Dolmetscher fand sich auch bereit. Eine Lehrerin bot an, einige der Flüchtlinge noch in einem Sprachkurs unterzubringen und das in einer Grundschule in unmittelbarer Nähe zur Unterkunft der Flüchtlinge. Ich hatte den Eindruck: Ein Anderer ist am Werk und lenkt!
An diesem Morgen hatte ich mich entschieden - entgegen meiner sonstigen Gewohnheit - nicht zum Gottesdienst zu gehen, sondern mit den Flüchtlingen zu sein. Unser Motto “Be brother - be sister!” hatte mich dazu gedrängt. Was mir blieb, war eine tiefe Freude darüber, was alles in diesen Stunden geschehen war.

Die Liebe findet immer einen Weg!

Es ist Sonntag - Spätnachmittag. In der vergangnen Woche lernte ich eine Mutter mit ihrer Tochter kennen - in einem Café, das unsere Pfarrei für die Begegnung zwischen Flüchtlingen und Einheimischen anbietet. Die beiden kommen aus Albanien. Das Mädchen - 15-16 Jahre alt - hatte in den 9 Monaten ihres Aufenthaltes in Deutschland schon gut deutsch gelernt. Wir waren ins Gespräch gekommen. Ich erfuhr, dass auch der Vater und Bruder des Mädchens in unserer Stadt wohnten. Alle vier zusammen in einem Zimmer der städtischen Flüchtlings-Unterkünfte. Schnell war mir klar, dass diese Familie, aus einem sog. “Sicheren Herkunftsland” stammend, keine Bleibe-Perspektive in Deutschland hatte.
Seither trug ich sie im Herzen. Ich rief sie an und lud sie auf ein sonntägliches Eis ein. Als ich sie mit dem Auto abholte, spürte ich ihre Freude. In einem Eis-Café kamen wir erneut ins Gespräch. Bescheiden hatten sie sich alle ein kleines Eis bestellt. Der Vater zeigte mir Fotos von den Behausungen in Albanien, aus denen sie kamen. Sie glichen verrußten Erdlöchern. Die Kinder - in einem kleinen Dorf in der Nähe der albanischen Hauptstadt wohnhaft - waren jeden Tag zur Schule nach Tirana gegangen. Sie hatten echten “Hunger auf Schule”. Trotz der so hoffnungslosen Situation in ihrer Heimat, versuchte ich den vieren klar zu machen, dass ihre Zukunft in Albanien liegen würde. “Aber wißt ihr”, sagte ich ihnen, “wir sind uns nicht umsonst begegnet! Wir müssen jetzt hier schauen, auf welchem Weg wir Euch in Albanien unterstützen können!” Wir sprachen über ein bilinguales Gymnasium in Tirana. Langsam erhellten sich die Gesichter der Familie. Ich sah, wie sie Hoffnung schöpften und verstanden, dass sie die Zeit in Deutschland nutzen mußten, um gut die deutsche Sprache zu lernen und dann damit in ihrer Heimat einen guten Schulabschluss zu erlangen. Dann würden ihnen auch neue Wege offen stehen! Auf einmal ergriff die 16-jährige Tochter das Wort und sagte mir: “Wissen Sie, egal, ob aus all diesen Ideen, die wir jetzt gesponnen haben, etwas wird oder nicht. Danke, dass wir zusammen sein können. Sie haben uns angeschaut und sie haben nicht weggeschaut. Sie haben uns Ihre Zeit und Ihre Liebe geschenkt! Das ist weit mehr wert, als alles andere!” Spät abends schrieb ich noch einen langen Brief an eine Organisation, die im caritativen Bereich tätig ist und bat um Hilfe für die Schulausbildung der Kinder in Albanien. Denn ich bin mir sicher: Die Liebe findet immer einen Weg!

Entdeckung im Café

Na auf einen Kaffee würde die Zeit noch reichen! Also lud ich Thorsten, John und Joy nach der Messe noch in eine kleine Bäckerei ein. Wir saßen an einem der kleinen Tische und bestellten Kaffee. Nach dreijährigem - oft bangem - Warten und vielfältigsten psychologischen Begleitungen aufgrund erlittener Folter im Heimatland, hatten die beiden tamilischen Brüder in der vergangenen Woche einen positiven Asyl-Bescheid bekommen. Den wollten wir mit dem Kaffee gebührend begehen. Sie begannen zu erzählen. Nach all dem erlittenen Leid und nach den - auch in Deutschland - durchgestandenen Ängsten, spürte ich echte Erleichterung und tiefe Freude bei den beiden, besser bei uns allen. Thorsten ging den Weg der beiden schon längere Zeit in beeindruckender Weise als Pate mit. “He is our best friend - all over the world!” sagten John und Joy. “ Er lebt, was Jesus uns gesagt hat. Immer, wenn wir nicht mehr weiter wußten, wenn wir vor Angst oft am Ende waren und nur noch geweint haben, ist er gekommen und war einfach mit uns! Er hat uns getröstet und Mut gemacht.” durfte ich hören. Und ich wußte um die unendlich vielen Telefonate, die Wege zu Behörden und zu Ärzten, und die viele Zeit, die er “einfach” mit den beiden geteilt hatte. Was für ein Zeichen der Hoffnung - mitten im Strom der vielen Flüchtlinge. In diesen Augenblicken durfte ich spüren, wie bedeutsam diese Flüchtlinge für uns waren und sind. Ich hatte den einen der beiden Brüder beim Beten in unserer Kirche kennen gelernt. Fast täglich kam und kommt er, um zu beten. Allein durch das Da-Sein der beiden, war “ihr Pate” und viele andere herausgefordert worden, sich einzusetzen und zu helfen - biblisch gesprochen: zu lieben. Beide Seiten waren dadurch zueinander aufgebrochen und im Miteinander neu geworden. Ich durfte in diesen Augenblicken - am Kaffee-Tisch sitzend - erleben, wie hier eine kleine Zelle der Kirche, “eine Insel göttlicher Anwesenheit” lebte und ich sagte den beiden: “Durch Euch verstehe ich tiefer, dass Gott Euch zu  uns ins ‘alten Europa’ geschickt hat, damit durch Euch unsere Kirche aus ihren alten Lebensgewohnheiten und Engherzigkeiten herausgerufen wird und sich erneuert! Wir brauchen einander!” Ich schaute in Augen, die sich mit Tränen füllten  und spürte in meinem eigenen Herzen, wie sehr ich angerührt war. “Brannte uns nicht das Herz, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn - durch die Schrift - erschloß?” kam mir in den Sinn. Entdeckung mitten in der Bäckerei. Nach zwei Stunden waren unsere Tassen leer und unsere Herzen mehr als erfüllt.

Geschützt von Soldaten

Mit einer kleinen Gruppe war ich nach Taizé gefahren. Für mich ist das ein Ort, an dem ich auftanken und Gottes Nähe neu erleben kann. Nach einem Vortrag von frère Alois sang ein Flüchtlingsmädchen aus Syrien in meinem Alter ein selbstgeschriebenes Lied auf Arabisch in der großen Kirche. Vor der Kirche standen in diesen Augenblicken 10 voll ausgerüstete Soldaten des französischen Militärs, um die Jugendlichen zu beschützen. Für mich hatte dieser Moment eine starke Relevanz. Ich saß in einer Kirche voller junger Menschen, hörte Klänge wie ich sie sonst nur aus Moscheen kenne und wir waren umgeben von Soldaten. Sie halfen, dass wir einander unser Bruder- und Schwester-Sein zeigen und leben konnten.

Entdecke auch die anderen Monatsimpulse

Jesus will ankommen!

Monatsimpuls - 12/2022

Es beginnt im Kleinen!

Monatsimpuls - 11/2022

Entscheide Dich!

Monatsimpuls - 10/2022

“1+1 = 3“

Monatsimpuls - 09/2022

Mach Platz für Jesus!

Monatsimpuls - 08/2022

Achte auf Dein Herz!

Monatsimpuls - 07/2022

Nicht einsam, sondern gem...

Monatsimpuls - 06/2022

Gott braucht Dich!

Monatsimpuls - 05/2022

Liebt einander!

Monatsimpuls - 04/2022

Teil Deine Erfahrung!

Monatsimpuls - 03/2022

Miteinander – wie sonst?!

Monatsimpuls - 02/2022

Entdeck Jesus in Deinem A...

Monatsimpuls - 01/2022