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Ich bin glücklich!

Ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung hatte mich wegen einer nigerianischen Flüchtlingsfrau angerufen hatte, die schon kurz vor ihrem Entbindungstermin stand. Mittlerweile ist er geboren - 4 Kilo - ein prächtiger Junge! Alles war gut. Mit vielen Telefonaten hatte ich es geschafft, den älteren Sohn der Afrikanerin rechtzeitig in die Betreuung des Jugendamtes zu bringen. Nach der Geburt und einem Tag Erholung war es aber umso schwieriger, die junge Mutter mit ihrem Neugeborenen nach „Hause“ - ins Flüchtlingsheim - zu bekommen. Taxischeine gibt es nicht, Bus mit Säugling und Tasche aber ohne Kinderwagen oä geht nicht. Niemand fühlte sich zuständig! So habe ich in einem weitern Telefonat mit dem Jugendamt gesagt, dass ich die Frau mit dem Kind nach Hause bringen würde, wenn Mitarbeiter der Behörde wirklich den „großen“ 6 jährigen Sohn ins Wohnheim nach Kamen bringen. Schweigen war die Antwort. „Wie ? Sie holen die Frau ab?“ - „Was würden Sie sich wünschen, wenn Sie gerade in einem fremden Land ein Kind geboren hätten und zum wiederholten Male die Unterkunft wechseln mussten und ihr anderes Kind in unbekannte Obhut geben müssten?“ war meine Gegenfrage. „Dass mir jemand hilft!“ war die Antwort. „Sehen Sie, und das tue ich.  Und das wollen Sie doch auch, oder?“  Die Angerufene von der Stadtverwaltung hat es organisiert, dass am gleichen Nachmittag der ältere Sohn wieder in die Flüchtlingsunterkunft gebracht wurde!!! - An diesem Tag hätte ich vor Glück platzen können!”

Ich war mit einer Gruppe Studenten zu einem Sommer-Camp in Madagaskar. Und ich muss sagen: Ich hab mich dem Himmel noch nie so nah gefühlt. Ich liebe Gott so sehr ich kann, aber ich hab mich in den Tagen in Afrika als diejenige gefühlt, die immer beschenkt worden ist und die Afrikaner waren die, die uns ständig beschenkt haben. Ohne viel zu arbeiten, hab’ ich immer ganz viel bekommen. Für mich völlig unerwartet! Ich hab gelernt, dieses Geschenk so anzunehmen. Die Menschen auf diesem Kontinent - arm und reinen Herzens haben uns alle als Königinnen und Könige angeschaut und ich weiß gar nicht, wie wir das verdient haben! Das war ein ganz eigenartiges Gefühl: Du bekommst etwas, wofür Du Dich gar nicht würdig fühlst. Wir sind ja wirklich nicht mehr wert als sie, wir sind alles gleiche Menschen, Kinder einer großen Familie...  
Ich hab wirklich eine Menge gelernt und die schönste Erfahrung war, zu entdecken, wie die Welt ohne Uhr und High-Tech-Instrumente arbeitet... Ganz einfach. Auf viele Arten: glücklicher! Wie klein wir doch sind, ersetzbar als Nummern, aber wertvoll als Menschen. Ja, ich möchte mein Leben liebend leben, weil soooo viel Liebe in mich investiert ist.

Ich arbeite als Lehrerin an einer Grundschule. Vor wenigen Tagen kamen bei uns einige neue Flüchtlingskinder an. Vorbereitend hatten ich schon einige Male in verschiedenen Klassen darüber gesprochen, die neu angekommenen Jungen aus dem Irak mitspielen zu lassen Ich hatte mit den Kindern geübt, wie sie die Neuen durch Gesten einladen konnten. Aber in der Pause spielten die Flüchtlingskinder erneut alleine an den Spielgeräten. Ich versuchte ihnen verständlich zu machen, sie könnten doch mit den anderen Jungen Fußball spielen. Sie schauten auch immer wieder zu den Fußballspielern hinüber, trauten sich aber nicht, dorthin zu gehen. Da dachte ich, dann versuchen wir es umgekehrt! Ich lud die Kinder meiner Klasse ein, ihrerseits auf die Neuen zuzugehen. Sie waren sofort mit der Idee einverstanden, ihr geliebtes Fußballfeld zu verlassen und den noch fremden Jungen den Ball zu zuspielen. Es klappte! Aras, einer der jungen Irakis,  kickte sofort zurück. Gemeinsam liefen die Jungen auf das Fußballfeld und begannen miteinander zu spielen. Nach einigen Augenblicken winkte mir Aras zaghaft. Ich verstand: Das war sein Danke!

Wir haben in der letzten Zeit einige Familien begleitet, die als Flüchtlinge in unser Land gekommen sind. Höhepunkt unserer Begegnungen war ein gemeinsames Kochen, in dem uns die Familien aus Syrien und Aserbaidschan ihre Kochkünste vorgeführt haben. Es war soooo lecker! Mittlerweile sind die Familien aus einer Sammelunterkunft in eigene Wohnungen gezogen. Die Kinder sind größten Teils im Kindergarten und in der Schule untergebracht. Die Erwachsenen nehmen an Deutsch- und Alphabetisierungskursen teil. Wir stehen weiterhin mit ihnen in gutem Kontakt.
Am letzten Wochenende sind wir von zwei Familien zum Essen eingeladen worden. Am Samstag gab es syrisches und am Sonntag aserbaidschanisches Essen. Wir sahen den Menschen an, wie gut es ihnen tat, etwas zurück zu geben. Als wir uns verabschiedeten, sagte uns Jakob, einer der Flüchtlinge: “Mein Haus ist für immer auch Euer Haus. Meine Tür steht immer offenen für Euch!”