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Ich bin glücklich!

Gerade aus dem Friedenscamp in Sarajevo zurückgekehrt, ging ich zum Frisör. Ich fragte meine Frisörin, während sie mir die Haare schnitt, ob sie denn bald Urlaub habe. Daraufhin fragte sie mich, ob ich auch schon im Urlaub war. Ich erzählte ihr von Bosnien, und völlig begeistert sagte sie, dass sie aus Serbien stamme! Wir freuten uns riesig über diesen „Zufall“ und tauschten uns über die Geschichte der beiden Länder, die Bräuche und Besonderheiten von Serbien und Bosnien aus. Ich erfuhr zum Beispiel, dass der serbische Kaffee noch ein wenig anders als der bosnische aufgebrüht wird! Sie gab mir einen Tipp, wo ich hier vor Ort den Kaffee kaufen kann und freute sich einfach total darüber, dass jemand so viel Interesse an ihrem Heimatland zeigte und sie sich mit jemandem darüber austauschen konnte! Als ich bezahlte, legte sie mir noch für die nächste Reise die Küste Kroatiens ans Herz, die sehr sehenswert sei. Unglaublich – denn ich hatte mir genau dies als eines der nächsten Reiseziele überlegt. Wir verabschiedeten uns mit einem großen Lächeln.

Gerade hatte ich mir meinen Tagesplan zurecht gelegt. Bevor ich mich jedoch an das Tagewerk machte, betete ich kurz und bat Gott darum, in meinen Plänen immer offen für die Seinen zu bleiben. Das Telefon schellte. Eine Freundin aus einem benachbarten Land rief an. Ich erinnerte mich an das Monatsmotto: “Ganz persönlich!” So nahm ich das Telefon mit und setzte mich auf einen Stuhl, um durch die Arbeit auf dem Schreibtisch nicht abgelenkt zu sein.  Meine Gesprächspartnerin erzählte von ihren vergangenen Tagen. Am Fest der “Heiligen Familie” war sie in einem Gottesdienst gewesen. Ein Text aus dem Epheserbrief ging ihr sehr nach. “Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter!” heißt es da. “Das hab ich nie verstehen können! Für mich war das immer eine totale Unterdrückung. Aber mehr und mehr beginne ich zu verstehen, dass hinter all dem der Lebensplan Gottes steckt. Gott hat den Mann mit einer bestimmten Natur ausgestattet und die Frauen ebenso. Die Männer haben die natürliche Veranlagung zu beschützen und wir Frauen müssen sie darin ganz stark machen! Wir können noch intensiver lieben. Aber durch die Gleichmachungs-Diskussion in vielen Ländern ist dieses Geheimnis verloren gegangen!” Aufmerksam hörte ich zu. Weiter erzählte mir die junge Frau eine Erfahrung, die sie neulich gelesen hatte: “Stell dir vor! Ein Mann hatte in die Familie betreffenden finanziellen Belangen eine falsche Entscheidung getroffen. Seiner Frau war sofort klar, dass der eingeschlagene Weg nicht gut gehen konnte, aber sie stand zu ihrem Mann. Nach einigen Wochen kam ihr Mann heim und erzählte, dass er durch seine Entscheidung eine Menge an Geld verloren habe. Seine Frau begann, ihm vorzurechnen, dass er in der Zeit, in der sie sich kannten, viel mehr richtige als falsche Entscheidungen getroffen habe und sie machte ihm Mut, diese Niederlage nicht zu schwer zu nehmen. Diese Reaktion hatte der Ehemann nicht erwartet. Sie stärkte ihn so sehr, weil er die Liebe seiner Frau in diesem Augenblick noch viel tiefer spürte als je zuvor. Seine Frau hatte sich ihm (aus Liebe!!!) untergeordnet und hatte so dazu beigetragen, dass die schwere Situation zu einer Vertiefung ihrer Liebe werden konnte!” - Als ich auflegte spürte ich, dass mir in diesem Telefonat so viel Lebenserfahrung von einem jungen Menschen geschenkt worden war, wie ich es kaum für möglich gehalten hatte. Und das war das erste Telefon-Gespräch. Es folgten noch drei weitere. Gottes Liebe ist eben immer - ganz persönlich!

In den nach-weihnachtlichen Tagen besuchte ich meine Mutter. Von einer adventlichen Aktion waren noch einige kleine Christstollen geblieben, die ich im Auto liegen hatte. Wir entschieden uns, an einem Nachmittag eine kleine Wallfahrt zu einem ca. 30 Kilometer entfernt gelegenen Marienwallfahrtsort zu machen, um betend und für andere einstehend unsere Zeit miteinander zu teilen. Als wir an der Kapelle ankamen, mußten wir schon nach kurzer Zeit den Kirchenraum wieder verlassen, da er - schon sehr frühzeitig am Tage - abgeschlossen wurde. Ein wenig verdutzt und enttäuscht - zugleich aber glücklich, dass wir noch kurz in der Kirche hatten beten können - standen wir draußen. “Wie kannst du jetzt lieben?” schoss es mir als Frage durch den Kopf. Einige weitere Kirchenbesucher kamen und standen nun vor der verschlossenen Tür. Schnell holte ich das Gebäck aus dem Wagen und bot allen Ankommenden noch einen kleinen Stollen an.  Jedes Mal schaute ich in erstaunte und frohe Gesichter. Als wir dann schon wieder im Wagen saßen, um heimzufahren, sah ich im Rückspiegel noch ein Ehepaar einen kleinen Fußpfad herauf kommen. Ich hielt abermals an, drehte, stieg aus dem Auto und rief dem Paar zu: “Kann ich Ihnen auch noch eine kleine nach-weihnachtliche Freude mit einem selbstgebackenen Christstollen machen?” - Der Mann reagierte und sagte: “Kennen wir uns nicht, als ich Deine Stimme gehört habe, war mir gleich klar wer du bist!” Vor mir stand ein Cousin mit seiner Frau, den ich über 20 Jahre nicht mehr gesehen hatte. Welche Freude, dass wir uns sehen und ein wenig plaudern konnten!

Lange hatten wir uns nicht gesehen. Es gab so viel zu erzählen und viel Schweres zu teilen. Die Zerrüttung  in ihrer Familie hatte noch keinen guten Weg gefunden. Eine schwere unvermutete psychische Krankheit war bei einer nahen Verwandten aufgetreten. Ihr Mann war arbeitslos geworden und kam mit diesem Schicksal nicht zurecht. Körperlich hatte sie auch zu kämpfen. Mehr und mehr spürte sie, wie sie sich über Jahre um Dringlichkeiten und Notwendigkeiten ihrer Familie gekümmert hatte und so keine Zeit dazu gefunden hatte, für die eigenen Bedürfnisse einzustehen. Auch diese Erkenntnis tat weh!  Ich merkte, wie gut es ihr tat, all das erzählen zu können und damit auf die Schultern eines brüderlichen Herzens zu legen. Dann waren wir auseinandergegangen. “Vielleicht sehen wir uns ja nochmals, bevor Du  zurückfliegst!” Dieser fast flehentliche Ruf blieb mir im Herzen. Nach Tagen voller Arbeit nahte mein Rückflug. Eine Stunde vorher würde ich es noch schaffen, bei ihr vorbei zu schauen. Eine Tasse Tee war schnell bereitet. Wir saßen am Tisch. “Weißt du?”, begann sie unvermittelt, “oft fühle mich so allein, so einsam und verlassen. Oft weiß ich gar nicht mehr weiter. Ich kenne nur wenige Menschen, die so viel Schweres durch zutragen haben, wie mein Mann und ich. Könnte es nicht mal ein Jahr geben, was mir ein wenig Ruhe und Hoffnung bringt?” Dann füllten sich ihre Augen mit Tränen. Ich öffnete mein Herz so weit ich konnte, um all diesen Schmerz in mich hinein zu nehmen. Ich schwieg lange. Immer mehr erzählte sie. Der Raum zwischen uns war offen... Dann mußte ich aufbrechen - zum Flughafen. Sie brachte mich hin. “Oh, wie gut es tut, Dir das alles sagen zu können!” sagte sie. “Und während ich Dir das alles anvertraut hab, was ich überhaupt nicht geplant hab, spürte ich, dass es noch unter dieser Einsamkeit und unter diesem Alleinsein etwas gibt, was mir sagt: ‘Du bist nicht allein!’ Da ist Gott. Ja, Jesus, den ich oft nicht spüre, er läßt mich nicht allein!. Aber ich habe es erst wieder gespürt, als ich Dir meinen Schmerz erzählt hab!”