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Ich bin glücklich!

Gestern war ich mit meiner Clique unterwegs. Mittendrin rief eine Asylantin an - einfach aus Angst. Ich habe meine Gruppe kurz verlassen, um zu sprechen, aber dass ich Englisch sprach, bekamen meine Leute doch mit. “Musst du los?” wurde ich gefragt? “Nein, nein, das war eine unsrer Asylantinnen, die große Angst hat und einfach Zuspruch brauchte.” - “Und dann rufen die dich einfach an?” - “Wie soll es denn sonst gehen?” fragte ich. Eine der Frauen spöttelte:”Ah, Mutter Theresa ist wieder im Einsatz.” Mich traf das sehr, versuchte ich doch, ganz für die Leidenden da zu sein. So hab ich begonnen, davon zu erzählen, welche Schicksale die Frauen oder Familien zu leben haben, und dass sie ganz alleine sind, wenn niemand kommt. Und dann erzählte ich von den Texten von Papst Franziskus, die ich vom Weltjugendtag in Rio im Internet aufgefischt hatte. “Der Papst hat dort einen klaren Auftrag gegeben. Er hat uns ermutigt, uns um Menschen, die an den Rand geraten sind, zu kümmern. Und das versuche ich umzusetzen. Oder soll ich wegsehen und weghören, wenn ich von dieser Not höre?” - Puh, war vielleicht etwas heftig, aber danach kamen keine dummen Sprüche mehr, sondern tatsächlich verhaltene Unterstützung. Das peinliche Schweigen legte sich dann wieder, zum Glück ...

Am Mittwoch war ich bei einer syrischen Familie und habe bei der Hotline für das Aufnahmeprogramm für syrische Flüchtlinge angerufen. Wir sind bemüht, die alt gewordenen Eltern dieser Familie über ein Aufnahmeprogramm in unser Land zu holen. Ich erhielt telefonisch eine Bearbeitungsnummer. Ein Verwandter hat bereits eine Verpflichtungserklärung unterschrieben. Nun geht es darum, ob ein Visum beantragt werden kann. So sitze ich am Telefon und warte, ob meine Hilfe bei Sprachschwierigkeiten nötig ist... Ich bin da!  Gerade kam ein Anruf der Familie. Der Termin bei der Ausländerbehörde ist positiv verlaufen. Die Unterlagen sind ausgehändigt, um die Visa zu beantragen... Ich freue mich so sehr für die Familie. Warum schreibe ich so ausführlich? Weil ich mir so sehr wünsche, dass wir hier in absehbarer Zeit Erfolg haben werden. Die Eltern sind schon viel zu lange auf der Flucht. Sie sind krank und traumatisiert. Wir können nicht die Welt retten, aber ein wenig Hilfe leisten und Menschlichkeit zeigen. So gilt es immer neu: Ich bin da!

Wieder stand der Jahres-Sterbetag eines nahen Verwandten an. Ich informierte eine weiter entfernt wohnende Frau, die aus dem Pfarrblatt das Jahresamt nicht erfahren konnte. Mit dieser Frau hatten viele aus meiner Familie große Schwierigkeiten, zumal sie schon viele Beziehungen innerhalb der Familie sehr belastet und sogar zerstört hatte. Viele ihrer Reaktionen waren überzogen und unverständlich, so dass  im Laufe von Jahren tiefe Gräben entstanden waren. Ich hatte begonnen, eine Novene zu beten, um auch für diese Beziehung um “Entwicklung im Licht Gottes” zu bitten. Es war ein neuntägiges Gebet zu Franziskus, dem Friedensstifter.
Am Tag des Jahres-Gedächtnisses kam die Frau mit ihrer Tochter ebenfalls zur Messe. Da sie kirchlich nicht sozialisiert ist, blieben die beiden im Fond der Kirche und sprachen mit niemanden aus der Familie. Als im Verlauf des Gottesdienstes der Augenblick des Friedensgrußes kam, spürte ich den tiefen Impuls: “Geh und bring auch ihr diesen göttlichen Frieden!” Alles wehrte sich in mir, hatte sie mich doch so oft schon verletzt und eine Beziehung nahezu unmöglich gemacht. Aber dieser innere “Ruf” war so stark, dass ich ging, denn ich spürte, es gab jetzt nur diesen Augenblick. Fünf Sekunden später schon, würde diese Gelegenheit unwiederbringlich vorbei sein. Also ging ich! Ich brachte den Frieden zu den beiden und schaute dabei in völlig erstaunte Augen. Diese ehrliche Geste berührte ihr Herzen. - Nach der Messe verschwanden beide schnell. Ich hätte keine Gelegenheit mehr gehabt, mit ihnen zu sprechen.

Was für eine Freude! Der kleine Junge - aus einer Asylanten-Familie stammend, den ich heute zu einer schwierigen Untersuchung begleitet habe, ist so weit gesund - auch wenn er weiter unter ärztlicher Beobachtung bleiben muss. Und dennoch war dieser Nachmittag wieder wie ein Abenteuer. Die Ärztin war zunächst sehr geschäftsmäßig, fast schon abweisend zu uns. Die Frage an mich gerichtet: "Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?" - "Dürfen Sie gerne! Ich bin eine Frau aus der Nachbarschaft des Asylantenheims!" - "Wieso kommen Sie dann mit?" fragte sie ziemlich irritiert. "Wer soll es denn sonst tun? Es finden sich leider nicht viele Leute, die sich um Asylsuchende kümmern wollen. Ich hab die Botschaft des Papstes mitbekommen, die er an die Jugendlichen beim Weltjugendtag gerichtet hat. Es war mehr als eindeutig, dass wir uns um die Menschen kümmern sollten, die am Rande stehen!"  Schweigend sah sie mich an und sagte: "Beeindruckend!"  Ganz freundlich wurde sie, richtig bemüht und sie holte sogar noch den Praxisleiter zur Untersuchung, da der Befund wohl eher selten ist und sie ganz sicher gehen wollte. Selbst er hat sich bei mir für die Begleitung bedankt! - Die Stimmung war wie umgewandelt.