Ich bin glücklich!
Früh morgens schon saß ich im Frisörshop. Ich war der erste Kunde. Es war noch ruhig. Die Frau, die mich bediente, war wohl mit dem linken Bein aufgestanden. Alles schien schwer und alle Themen, die sie im Herzen hatte, waren belastend: Corona, Energiekrise, Krieg, Ungerechtigkeit, Angst vor der Zukunft… Was kann ich tun, um sie aus diesem dunkeln Loch heraus zu holen, fragte ich mich. Mir kam die Erfahrung mit den Zwiebeln vom Vortag in den Sinn. Einer inneren Stimme folgend war ich zu eine ukrainischen Familie aufgebrochen und hatte ihnen – unerwartet eine Kiste voller Kartoffeln, Zwiebeln und Äpfeln vorbei gebracht. Die Mutter dieser Familie war davon so berührt gewesen, hatte sie doch am Morgen alle ihre Zwiebeln einer befreundeten Familie gegeben, die dringend welche brauchten. Und dann stand ich da mit all den Früchten der Erde. „Boh, das ist ja toll. Ich bekomme gerade eine Gänsehaut!“ hörte ich meine Friseuse sagen. „Und so können wir jeden Augenblick mit dem Licht der Liebe füllen!“ fügte ich hinzu und schaute sie an. „Stimmt, danke fürs Erzählen. Das hat meinen Tag aufgehellt. Jetzt geht’s anders weiter. Nochmals Danke!“ Als ich ihr noch ein kleines Trinkgeld gab, strahlte sie. Mit diesem Strahlen beschenkt verließ ich den Shop.
Mein Handy lässt mich wissen, dass eine Sprachnachricht aus Südosteuropa angekommen ist. Neugierig höre ich hinein. „Ich muss dringend eine Erfahrung mit Dir teilen!“ darf ich da hören. „Du weißt, wie sehr ich mit den täglichen Mottos lebe. Ich übersetze sie in meine Muttersprache und gebe sie in meinem Land täglich an viele Menschen weiter. Heut war ja das Motto: ‚Fang wieder neu an! - Start again!‘ Und das passte mal wieder genau in meine Lebenssituation. Mir ist eine neue Arbeitsstelle angeboten worden, von der ich noch nicht genau weiß, was sie beinhaltet. Da ich auf meiner jetzigen Stelle auch noch nicht so lange arbeite, war ich mir sehr unsicher, ob es dran ist, dem neuen Angebot nachzugehen. Und dann kam das Motto und ich wusste sofort: Es ist für mich! Wag Dich und mach Dich neu auf den Weg! Danke von Herzen!“
Es war ein Tag voller Hiobsbotschaften. Und vieles, was ich mir vorgenommen hatte, funktionierte nicht, die Geschäfte übervoll… Ich spürte meine Grenzen. Mitten in einem Geschäft blieb ich hinter einem Regal stehen und fragte mich nach dem Tagesmotto: „Hab ein offenes Herz!“ – meins war gerade in der Gefahr, sich zu verschließen. Ich entschied mich, den negativen Gefühlen keinen Raum zu geben, sondern jeweils im Augenblick offen für das Leben zu sein. An der Brottheke sagte eine junge Verkäuferin gedankenverloren zu sich selbst: „Eigentlich müsste ich auch mal was Trinken!“ – „Auch das noch in dem ganzen Trubel!“ bemerkte ich scherzhaft. Sie schaute auf und lächelte. Nachdem ich bezahlt hatte, rief sie mir nach: „Danke!“ – Da ich in dieser Bäckerei ein besonderes Brot, das ich für jemanden kaufen sollte, nicht bekommen hatte, zog ich weiter. In der nächsten Bäckerei fand ich das, was ich brauchte. Beim Bezahlen hatte ich nur einen 50 €-Schein für das Brot zur Hand. Ich ließ die Verkäuferin wissen: „Tut mir leid, aber ich kann nur mit diesem großen Schein bezahlen!“ und schaute sie dabei an. „Kein Problem, das kriegen wir schon hin!“ Dann rechnete sie mir das Geld in vielen kleinen Scheinen vor. „Sie hätten auch Mathematikerin werden können!“ scherzte ich. Ihre Antwort: „Das mach ich dann im Nebenjob!“ Lächelnd verabschiedeten wir uns. Als ich wieder zu Hause war, kam die nächste schwere Nachricht, aber mein Herz war frei, um sie aufzunehmen.
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