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Ich bin glücklich!

Mitten im Galopp hatte ich ihn kennen gelernt, einen Mann in mittleren Jahren. Er kam wie ich aus einem südeuropäischen Land. Mit der Sprache hatte er große Schwierigkeiten. Viele Büro-Gänge brachte ich mit ihm hinter mich, um ihm ein wenig finanzielle Unterstützung zu ermöglichen. “Ich bin so allein und meine Familie fehlt mir mehr als alles!” ließ er mich immer wieder wissen. Mir tat dieser Mann richtig leid. Auf einem Weg zur Kirche rief ich ihn an. Er entschied sich, auch zum Gottesdienst zu kommen. Das tat ihm gut. Aber auch nach dieser Erfahrung hörte er nicht auf, sich über so vieles zu beklagen. Ich machte mir Sorgen um ihn, denn hier spürte ich richtigen “Durst”. Ich wußte nicht mehr, was ich tun sollte. Ich bat Gott um eine Antwort. In meiner Pfarrei nahm ich an einem Kreuzweg teil. Im Laufe dieses Gottesdienstes wurden “Bilder der Verzweiflung“ gezeigt. Bilder von Menschen aus aller Welt. Als ich diese Bilder sah, kam mir die Antwort. Ich lud meinen Landsmann ein, mich auf dem Weg in ein Altenheim zu begleiten. Der behinderte Mann, den ich dort immer besuche, war noch nicht wach, als wir ankamen. So sprachen wir mit anderen Bewohnern des Hauses. Sie waren an den Rollstuhl gefesselt. Einige von ihnen waren nicht mehr fähig, richtig zu sprechen. Und dennoch lachte einer der Bewohner immer wieder. Dann kam der junge Mann, den ich immer besuche. Er hat keine Beine mehr, Schläuche und Urin-Beutel waren sofort sichbar - und mit all dem auch seine nicht leichte Lebens-Situation.  Wir sprachen eine ganze Weile. Dann gingen wir wieder. Als wir wieder zu zweit waren, sagte mir der Mann: “Was für ein Leid, was ich da heute gesehen habe. Und wenn ich mein Leid mit dem der Bewohner dieses Hauses vergleiche, dann ist meines wirklich winzig!” In meinem Herzen spürte ich in diesem Augenblick eine tiefe Dankbarkeit!

In unserem Dorf veranstalten wir seit längerer Zeit Jugendvespern. Dazu laden wir unterschiedlichste Menschen ein, um Zeugnis von ihrem Leben zu geben. Dieses Mal hatten wir einen Diakon aus einer entfernt liegenderen Stadt gewinnen können, den Jugendgottesdienst mit uns zu feiern. In den Tagen vor der Vesper hatte ich einen jungen Mann besucht, der vor 5 Jahren durch einen Sturz fast für immer im Wachkoma geblieben wäre. Er kann nur seine Arme bewegen. Durch Handzeichen äußerte er den Wunsch, gern an der Vesper teilzunehmen zu wollen. Leider ist er am Wochenende immer in einem etwas entfernter liegenden Hospiz und es war unmöglich für ihn, zur Vesper zu kommen. “Mich dürstet!” Also bat ich den Diakon, ob er auf seinem Weg zu uns, nicht einen Zwischenstopp in dem Hospiz einlegen könne, da ihn sein Weg relativ nah an diesem Ort vorbei führte. Eben kam seine Antwort. “Na klar, ich mach’s!”

Drei Mal war eine junge Mutter zu einem Arbeitskreis in unsere Schule gekommen, um mitzuhelfen. Drei Mal fiel dieses Treffen aus, ohne dass sie informiert worden war. Es war für sie ärgerlich und diesen Ärger ließ sie uns vom Lehrerteam beim dritten Treffen in der Schule auch deutlich spüren. Ich konnte sie gut verstehen, denn sie hatte sich gemüht und das drei mal vergeblich! Mich dürstet, kam mir in den Sinn. So schlug ich im Lehrerteam vor, der Frau am nächsten Morgen, wenn sie ihren Sohn zur Schule brachte, eine kleine Blume zu schenken, als Zeichen der Anerkennung für ihre Bereitschaft in schulischen Belangen mitzuhelfen. Als ich am nächsten Morgen mit der Blume in der Hand zu ihr ging, schaute sie mich verwundert an. “Für mich? Aber ich hab doch gestern richtig geschimpft!” Ich sagte ihr, dass ich ihre Verärgerung nur zu gut verstehen konnte und dass wir uns sehr über ihr Engagement freuten. Und das sollte ihr die kleine Blume sagen. Zu Tränen gerührt stand sie vor mir und nahm die kleine Geste dankbaren Herzens entgegen.

Es war mehr als trubelig. Für einige Tage hatte ich mich bereit erklärt, bei einer gewerblichen-Messe zu helfen, meinem Stand gegenüber bieten zwei Schweizer ihre Ware an. Einer ist Inhaber einer größeren Firma. Er bot mir sofort an, für Handarbeitsprojekte in unserer Stadt Wolle zur Verfügung zu stellen. Der andere Mann ist ein begnadeter Stricker! Er steht oder sitzt den ganzen Tag am Stand, berät und verkauft und wenn die Hände wieder frei sind, strickt er wieder... Er kam heute wieder an unseren Stand, um mir eine besondere Mütze zu zeigen. Plötzlich begann er,  vom Tod seines Vaters im letzten Jahr zu erzählen. Er war gestürzt und mehr und mehr kam die Demenz des alten Mannes ans Licht. Es wurde eine schwere Zeit. Sie mussten den Vater in ein Heim bringen, anders war seine Versorgung nicht mehr zu leisten. Völlig desorientiert war er in der neuen Umgebung erneut gefallen. Dabei verletze er sich so schwer, dass er diesen Unfall nicht überleben konnte. Nach 3 Tagen im Koma sei er "hinüber gegangen", so seine Worte. Dann erzählte er noch, wie sehr seine Geschwister und er darum gerungen hätten, den eigenen Vater wirklich gehen zu lassen.... Dann räusperte er sich und sagte: “Das letzte Jahr war ganz anders gewesen, als ich gedacht habe!”