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Ich bin glücklich!

Es war spät geworden. Ich hatte mir vorgenommen, früher schlafen zu gehen. Auf meinem Handi kam noch eine Botschaft an. Entgegen meiner ursprünglichen Absicht schaute ich doch nochmals nach und las: „Bist du noch wach?" Es war ein Bauer aus dem Dorf. Kurze Zeit später hörte ich am Telefon: "Unser 89-jähriger Vater ist seit 4 Stunden verschwunden. Mein Bruder und ich haben schon das ganze Dorf und die Umgebung abgesucht, aber er ist nirgendwo zu finden. Ich weiß nicht mehr, was wir tun können." Ein verzweifelter Hilfeschrei. Ich war total berührt und zögerte keine Sekunde. "Wir helfen Euch beim Suchen!" - "Was? Das würdet Ihr echt tun? Aber ich glaub wir waren wirklich schon in allen möglichen Ecken. Ich wollt das Ganze eigentlich nur mit jemandem geteilt haben," hörte ich am anderen Ende des Apparats. "O.k. - Dann bete ich jetzt für deinen Vater!" 20 Minuten später klingelte erneut das Telefon: "Wir haben unseren Vater gefunden. Er war bei einem Dorfbewohner im Nachbardorf angekommen. Der hat uns Bescheid gegeben. DANKE für dein Gebet!" Was für ein Geschenk im Schmerz und in der Unsicherheit einander so nah sein zu können.

In einem Video zu einem Bibelwort hatte ich erzählt, dass ich als Kind gestottert habe und mich dafür oft sehr geschämt habe. Als ich zu Ostern eine ältere Ordensschwester anrief, um ihr frohe Ostertage zu wünschen, ließ sie mich mit einer frohen Stimme wissen: „Weißt Du, das war echt ein Wunder. Viele unserer Schwestern kennen Dich ja und hätten nie gedacht, dass Du als junger Mensch mit solchen Herausforderungen zu kämpfen gehabt hättest. Wir sind es – auch bei uns im Orden – gewohnt, nur die ‚Erfolgsgeschichten‘ zu erzählen. Aber als wir Deinen Impuls gehört haben, fing eine nach der anderen an, von eigenen Herausforderungen und Unzulänglichkeiten zu erzählen – fast zwei Stunden lang. Das war ein Stück Himmel auf Erden!“

Mit Menschen aus 14 Nationen hatten wir Gottesdienst gefeiert – mit vielen Kindern und Jugendlichen. Alle hatten ihren Ort in der Liturgie gefunden. Der Kirchenraum war spürbar von Freude erfüllt. Ein altes Ehepaar – beide schon weit über 90 Jahre alt – waren eigens mit dem Zug über 150 Kilometer angereist, um in der Karwoche in unserer Stadt, in der sie sich sehr wohl fühlen, zu sein. Dann hatten sie die Idee gehabt, bis Ostern zu bleiben, was in dem Hotel, in dem sie untergebracht waren, auch möglich war. Im Gottesdienst hatte ich sie entdeckt und begrüßt. Nach der Messe kamen die beiden alten Leute nach vorn und sangen voller Freude ein Marienlied in ihrer Mundart. Der Mann, schon ein wenig gehbehindert, setzte sich nach dem Lied und strahlte mich an. „Was für ein Geschenk, hier sein zu dürfen. All die vielen Kinder und jungen Leute aus so vielen Ländern und jeder ist willkommen. Wenn man den Glauben verloren hat, hier kann man ihn wiederfinden!“ ließ er uns mit Tränen in den Augen wissen.

 

Ostersonntag Nachmittag - die kirchlichen Feierlichkeiten zu Ostern in unserer katholischen Gemeinde sind fast schon wieder vorbei. Ein kurzer Gang noch ins Büro und dann ein etwas ruhigerer Nachmittag, wie ich dachte. Auf dem Weg vom Büro ins Haus, das gleich nebenan liegt, sehe ich vor der evangelischen Kirche, die 70 Meter entfernt liegt, eine Gruppe von Menschen stehen, einer winkt mir zu. Es ist einer der evangelischen Pastoren, der dort mit einer kleinen Gruppe von Engagierten steht. Gemeinsam lassen sie Ostern ausklingen. Wir winken uns auf Entfernung zu und ich spüre den Impuls, zu der kleinen Gruppe herüberzugehen. Das tue ich und nach einer fröhlichen Begrüßung kommt die Frage an mich, wie Ostern war. So erzähle ich von unseren Begegnungen in den vergangenen Tagen, auch mit dem Netzwerk „go4peace“, das in der Gruppe bekannt ist. Es entsteht Interesse über den aktuellen Stand der Entwicklungen des Netzwerkes, die nicht so recht bekannt sind. Auch darüber berichte ich den sehr aufmerksamen Leuten. Nach verschiedenen Rückfragen berichtet die Gruppe über Entwicklungen in der evangelischen Gemeinde in Kamen, von denen ich auch noch nichts wusste. Ich habe den Eindruck, dass durch dieses ungeplante Miteinander ein Lichtstrahl des auferstandenen Jesus für uns spürbar geworden ist.
Und so gehen wir nach ca. einer halben Stunde wieder auseinander, der evangelische Pastor sagt mir noch: „Danke, dass du nicht nur auf Entfernung gegrüßt hast, sondern zu uns herübergekommen bist, als wir uns sahen, das hat mich sehr gefreut, und auch, von euch zu hören, wie ihr lebt. Das meiste wusste ich noch gar nicht. Das war jetzt wie ein Update über euer Leben. Danke, danke dafür.“