Ich bin glücklich!
„Und magst Du noch eine kleine Erfahrung der vergangenen Tage mit mir teilen?“ fragte ich eine junge Studentin am Ende eines Telefonates. Nach kurzem Nachdenken sagte sie: „Mach ich gern! Ich war vor ein paar Tagen mit meiner Schwester im Zug unterwegs. Kurz bevor wir aussteigen mussten, kam eine jüngere Bahnbedienstete mit einer Tasche vorbei und verteilte an die Fahrgäste kleine Süßigkeiten. ‚Einfach nur so?‘ fragten viele. Die Frau lächelte zurück: „Einfach nur so!“ Es war deutlich zu spüren, wie sehr sich das Klima in unserem Waggon veränderte.“ Es sind die kleinen Dinge, die das Leben so lebenswert machen. Einfach nur so!
Ich brauche noch einmal Deine Hilfe, lese ich in einer WhatsApp-Nachricht. Eine junge Libanesin meldet sich. Ich kann mich noch gut an sie erinnern, aber unsere letzte Begegnung liegt Jahre zurück. Mit dem Fahrrad mache ich mich auf den Weg zu ihr. Sie hat mittlerweile eine kleine Tochter. Ihr Mann hat sie verlassen. Ganz allein muss sie mit dem Kind ihr Leben meistern. Sie erzählt mir von ihrer Ausbildung. In Bezug auf die erbetene Hilfe für ihre Ausbildung finden wir einen Weg, der sie froh macht. Immer wieder habe ich während unseres Gespräches das Kind im Blick. Es wirkt stark retardiert. Die Mutter hat den gleichen Eindruck und ein Besuch bei einer Fachärztin ist schon ausgemacht. Ich beginne, dem Kind immer wieder einen kleinen Ball zuzurollen. Sie wird aufmerksam darauf und reagiert. Bisher schien sie in ihrer Welt eingeschlossen und reagierte kaum auf Impulse von außen. Nachdem der Ball mehrfach zwischen uns beiden hin und her gerollt war, kam sie auf einmal zu mir, nahm meine Hand und zog mich zu ihrem kleinen Puppenhaus. Dort haben wir noch ein wenig weiter gespielt. Ich sah das Strahlen der Mutter. „So was hat sie schon ganz lange nicht mehr gemacht!“ hörte ich sie sagen.
Sie hatte voller Hoffnung an einem Glaubenskurs teilgenommen. Und dann hatte sie erleben müssen, wie dieser Kurs für sie zu einer Last wurde. Viele ihrer Überzeugungen, mit denen sie lange gelebt hatte, waren ins Wanken gekommen. Sie hatte den Kurs abgebrochen. Dann hatte sie um ein Gespräch gebeten. „Ich hab immer geglaubt, dass Jesus leibhaft auferstanden ist. Und jetzt ist dieser Glaube zerstört worden. Ich bin total verunsichert!“ ließ sie mich wissen. Langsam tasteten wir uns an die Auferstehungs-Erfahrungen der ersten Zeuginnen und Zeugen im Evangelium heran, an Maria Magdalena, die nach dem Tod Jesu als erste erlebt hatte, dass Jesus in einer neuen Art und Weise mit ihr war. Auch die Emmaus-Jünger hatten auf ihrem Weg im vertrauensvollen Gespräch die gleichen Wirkungen erlebt, wie zu der Zeit, als sie mit Jesus in Galiläa und Judäa unterwegs gewesen waren. Die gleiche Freude, ein tiefes Verstehen und ein spürbarer Friede war ihnen geschenkt worden, genau wie auf den Wegen mit Jesus. So hatten sie verstanden, dass er auch jetzt – wenn auch nicht sichtbar - ganz real da war. Er bewirkte das Gleiche, was er zu seinen Lebzeiten auf Erden bewirkt hatte. „Danke, danke, danke!“ entfuhr es meiner Gesprächspartnerin. Jetzt verstehe ich, dass ich neu auf meinen eigenen Alltag schauen darf, denn da will Jesus ja sein. Als wir uns verabschiedeten, schaute ich in die frohen Augen eines Menschen, der sich auf eine neue Entdeckungsreise machen wollte. Welche Geschenke uns der Auferstandene doch macht!
Diese Woche habe ich begonnen, einer jungen aus Zentralasien geflüchteten Frau bei ihren schriftlichen Aufgaben für ihre Ausbildung zu helfen. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern in einer kleinen Wohnung. Heute Abend bin ich hundemüde, aber absolut glücklich. Ich darf erleben, wie sich diese tapfere junge Frau mit einer unglaublich belastenden Vergangenheit ohne eine einzige ruhige Ecke zum Arbeiten mit lebhaften, kleinen Kindern, mit ihrem Mann durchs Leben kämpft. Sie kann kaum 10 Minuten am Stück arbeiten und muss mit Ansprüchen in ihrer Ausbildung fertig werden, die in dieser Situation nur schwer zu bewältigen sind. Trotzdem geht sie immer liebevoll und geduldig mit ihren Kindern um. Diese junge Mutter ist so herzlich und rührend! Ich werde für diese Familie da sein. Die junge Frau wird ihre Ausbildung schaffen und als Pädagogin ein Lichtblick für viele Kinder sein!