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Ich bin glücklich!

Ich hatte ein Gespräch mit einer Dozentin. Sie verlangte von mir - trotz abgeschlossener Pflicht-Hospitation- zusätzliche Hospitationen in einem Studienfach. Ein anderes Betätigungsfeld, in dem ich schon seit fast einem Jahr eine feste Rolle übernommen hatte, sollte ich statt dessen lassen! Im Nachdenken über diese Situation spürte ich Angst in meiner Seele. Würde mir diese  von mir erwartete Aufgabe gerade in diesem Semester nicht zu viel, da  wichtige Zwischen- und Abschlussprüfungen anstanden?!
Meine Dozentin blieb bei ihrer Meinung. All meine Argumente wandte sie ins Gegenteil. All meine Kommilitonen, die ein Gespräch mit dieser Dozentin gehabt hatten, waren weinend aus diesen Gesprächen gekommen.  So wollte ich kein weiteres Mal zu ihr in die Sprechstunde gehen. Ich traf eine Freundin. Sie machte mir Mut und stärkte mir mit ihren Worten den Rücken für ein weiteres Gespräch mit der Lehrerin. Ich war meiner Freundin total dankbar, dass sie sich so viel Zeit für mich nahm...
Nach dem Gespräch mit der Dozentin, in dem diese ihre Meinung unbeirrt durchsetzte, probte ich mit der eben genannten Freundin ein Musikstück. Bei der Stimmgebung in diesem Stück wird viel Atem benutzt. Wir visualisierten ihn mit Fenstern. Ich mußte schmunzeln. In meinem Herzen betete ich auf einmal: „Komm heiliger Geist!“ Langsam kehrte Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein zurück.

Auf einmal redete er nicht mehr. Über Jahre hatte es eine vertrauensvolle Zusammen-Arbeit gegeben. Plötzlich war eine Verwerfung aufgetreten, die für mich nicht zu verstehen war. Auf telefonische Anfragen bzgl. eines Gesprächstermins - auf Anrufbeantworter gesprochen - kamen nur kurze, kalte sms zurück. Die Verwirrung wuchs. Endlich wurde eine Gesprächsvereinbarung möglich. Das Gespräch begann. Mein Gegenüber kam, merklich verwirrt, mit innerlich größter Anspannung. Immer neue Gesprächfetzen wurden in den Verlauf eingebracht. Das Einander-Nicht-Verstehen wurde immer größer. Ein weiterer gemeinsamer Weg schien kaum möglich. Zu viele Verletzungen aus langen Vergangenheiten, schienen die augenblickliche Situation noch zusätzlich aufgeladen zu haben. - Ich ging, um noch eine Flasche Wasser zu holen. Auf dem Weg erinnerte ich mich an unser Motto und betete: “Komm, heiliger Geist!” - Als ich zurückkam hörte ich: “Vergessen wir, was gerade war! Ich mach einen Schritt! Ich werde mich nicht zurückziehen, im Gegenteil. Ich mach weiter - mit Entschiedenheit!”

Es schellt an meiner Tür. Als ich öffne, schaue ich in 8 strahlende Gesichter. Es sind junge Asylantinnen, die aus verschiedenen Ländern der Erde, jede einzelne mit einer äußerst schweren Lebensgeschichte, in unser Land gespült worden sind. Die sprachliche Verständigung war weiterhin schwierig. Ich bitte alle hinein. Ananas-Saft schlägt Brücken. Alle 14 Tage treffen sich diese jungen Frauen - zum Teil mit ihren kleinen Kindern - um zusammen zu sein und um gemeinsam handzuarbeiten. Sie haben mir - zu Geburtstag - ein Geschenk mitgebracht. Ich bin gespannt. Als ich das Papier öffne, traue ich meinen Augen nicht. Sie schenken mir eine Stola - aus vielen kleinen Quadraten zusammen genäht. Jede der Frauen aus dem Iran und Afghanistan, aus Eritrea und dem Kongo hat einige Quadrate gestrickt. Jedes Quadrat erzählt damit die Geschichte einer Flucht und Vertreibung, einer Heimatlosigkeit und Ungeborgenheit und zugleich die Geschichte persönlicher Sehnsucht nach Freiheit. Die meisten der Frauen sind Muslime. Sie haben ehrliche Hilfe und Nähe gespürt und antworten jetzt mit diesem Zeugnis ihrer Liebe. Ich bin ganz gerührt. Ein Zeichen über alle Grenzen hinweg. An diesem Abend verstehe ich: Lebendiges Miteinander ist möglich - und jeder darf bleiben, wie und was er ist - Geschenk des Heiligen Geistes.

“Ich muss Ihnen dringend noch etwas ganz Schönes erzählen!” strahlt mich eine Frau an, die sich sehr für Asylsuchende Menschen in ihrer Stadt einsetzt. Sie gibt seit vielen Jahren Sprachunterricht, um Brücken zu bauen zwischen Menschen verschiedener Kultur. In den vergangenen Wochen war eine Frau aus einem nordafrikanischen Land in unsere Stadt gekommen. Sie hatte ein kleines Kind geboren und mußte es immer mit zum Sprachkurs bringen. Für Mutter und Kind und die anderen Sprachkursteilnehmerinnen führte das häufig zu belastenden Situationen. “Neulich traf ich in der Stadt eine andere Migrantin. Wir kamen ins Gespräch und ich erzählte ihr von der Situation im Sprachkurs. Sie fragte mich dann, in welchen Zeiträumen ich den Sprachkurs machte. Als sie hörte, dass er auch Montagsmorgens läuft, war ihre sofortige Reaktion: ‘Ach, weißt du, montags im Vormittagsbereich habe ich oft Zeit. Dann komme ich, nehm’ mir die kleinen Kinder und geh mit ihnen Spielen!’ Und heute morgen” - so strahlte mich mein Gegenüber an - “hat sie begonnen!”