Ich bin glücklich!
Eine Botschaft erreicht mich aus der Ukraine. „Ich liege noch im Bett und versuche ein wenig Schlaf nachzuholen, denn letzte Nacht war wieder ein Angriff auf unser Stadtviertel. Wir haben zu zweit im Korridor unseres Hochhauses gesessen. Ich habe versucht, stark zu bleiben, um meine Mitbewohnerin zu trösten und ihr Halt zu geben.“ Dann höre ich in einer angehängten Audio-Datei zwei Minuten lang die Einschläge der Raketensplitter und Martinshörer. Eine gespenstische und bedrohliche Situation. Ich spüre die Angst all derer, die das wieder aushalten mussten. Ich sehe die Zeit, in der das Audio aufgenommen wurde: 3 Uhr morgens. Tief erschüttert und bewegt höre ich mir diesen Lärm der Zerstörung zwei Mal an und bete dabei für die, deren Lebenssituation es jetzt ist. Der geteilte Schmerz und die geteilte Angst werden zu einer Brücke der Liebe.
Im Anschluss an einen Gottesdienst ging ich noch in eine nahe gelegene Bäckerei, um ein Brot zu kaufen. Unerwartet traf ich dort auf die Küsterin der Kirche, die sich für zwischendurch ein leckeres Brötchen kaufte. In der Schlange stehend wies sie auf eine der Verkäuferinnen und ließ mich wissen, dass sie nach einem Rosenkranz gefragt habe. Auf dem Heimweg von der Kirche erinnerte ich mich an ein Tagesmotto, das wir mit Jugendlichen in Sarajevo zu Beginn dieses Jahrtausends gelebt hatten und das eine echte Dynamik hervorgebracht hatte: „Uviek i odmah!“ (immer und sofort). Vor meinem inneren Auge tauchten all die Gesichter der Jugendlichen auf und ich spürte eine solche Freude in meinem Herzen, dass ich – als ich zu Hause war, meinen schönsten Rosenkranz aus Betlehem einpackte und ihr in das kleine Dorf brachte. Als ich der Verkäuferin das kleine Päckchen gab, schaute ich in strahlende Augen.
Bei einer Zusammenkunft von Priestern hatten wir uns in verschiedene Arbeitsgruppen aufgeteilt. In der Gruppe, in der ich mitarbeitete, ging es um die Sakramentalität des Priestertums. Einige Brüder wirkten sehr entmutigt angesichts innerkirchlicher Entwicklungen. Sie fühlten sich nicht mehr mitgetragen. Ich teilte meine Erfahrung, sehr gerne Eucharistie zu feiern. „Aber der gleiche Jesus, der mir in der Eucharistie als Quelle begegnet, ist für mich auch erlebbar, wenn sich ehrliche und authentische Begegnungen ereignen. Dann spüre ich: Jesus ist verborgen da und erfüllt mein Herz mit einer tiefe Freude,“ sagte ich. Am Ende des Treffens kam ein Mitbruder, der vor über 30 Jahren in meiner Heimatpfarrei ein Praktikum gemacht hatte und den ich über Jahre nicht mehr gesehen hatte. Er setzte sich neben mich und sagte: „Es tat mir so gut, was Du eben von dir geteilt hast. Ich mache die gleiche Erfahrung. Übrigens, lebt deine Mutter noch?“ Als ich bejahte, fragte er weiter und nannte genau die Straße, in der er sie vor langer Zeit besucht hatte. „Das war damals eine so schöne Begegnung. Deshalb hab ich mir auch die Straße gemerkt!“
Aufgrund eines Krankheitsfalls im administrativen Bereich unseres Netzwerkes kam viel unerwartete Arbeit auf mich zu. Ich spürte zunächst eine echte Überforderung und wusste nicht, wie ich all die Arbeit tun und organisieren sollte. Eine WhatsApp-Nachricht erreichte mich. Eine Frau, für die ich in einer schwierigen Lebenssituation viel gebetet hatte, ließ mich ihre tiefe Dankbarkeit spüren. Sie schickte mir den Link zu einem Online-Adventskalender und schrieb: „Damit möchte ich dir für deinen Einsatz und all dein Engagement danken.“ Ich schaute in den Kalender und las: „Versuch Dir etwas neues anzueignen und halt es bis Weihnachten durch. Schreib dir z. B. täglich 5 Dinge auf, für die du dankbar bist!“ Während des Eintütens vieler Briefe dachte ich über diesen Impuls nach und spürte, wie mein Herz von einer tiefen Dankbarkeit erfüllt wurde. So werde ich in diesen Tagen Abend für Abend fünf Dankbarkeitsperlen sammeln.